Bevor ein Patient sich einer offenen Operation an der Harnröhre unterzieht, wird in den meisten Fällen eine minimal-invasive Behandlung vorgezogen[1]. Grundsätzlich ist dieses Vorgehen insofern sinnvoll, als dass im ersten Schritt Verfahren herangezogen werden, die einfacher in der Durchführung sind und eine kürzere Heilungsdauer für den Patienten versprechen. Im Falle der Harnröhrenstriktur zeigen die gängigen Therapieansätze, wie Harnröhrenschlitzungen und Bougierungen, jedoch insgesamt nur mangelhafte Erfolgsaussichten. Da diese Behandlungsansätze die Krankheit nicht heilen können, sollte frühzeitig eine sorgfältige Abwägung der Vorteile gegenüber den Risiken vorgenommen werden. Sowohl bei der Bougierung als auch bei der Schlitzung der Harnröhre ist die häufigste und fast unausweichliche Komplikation die erneute und stärkere Vernarbung der Harnröhre, was zu einer Verschlimmerung des Befundes führt. Aus diesem Grund sollte möglichst frühzeitig an eine Alternative gedacht werden.
Leider gibt es derzeit nur wenige Alternativen. Der zur Zeit am häufigsten durchgeführte offene Eingriff zur Behandlung der Harnröhrenstriktur ist die Harnröhrenplastik mit Mundschleimhaut (auch andere Schleimhäute, wie aus der Vorhaut, können unter Umständen verwendet werden). Die Mundschleimhaut ist ein Gewebe, das sich aufgrund seiner Eigenschaften gut dafür eignet, den Durchmesser der Harnröhre an der Engstelle zu erweitern. Dieser Eingriff erfordert jedoch nicht nur die notwendige chirurgische Kompetenz, sondern auch jede Menge Erfahrung, daher kann die Harnröhrenplastik nur erfolgreich von Chirurgen durchgeführt werden, die sich auf diesen Eingriff spezialisiert haben. Bei der Recherche lässt sich immer wieder feststellen, dass wenig Literatur zum Thema Behandlung von Harnröhrenstrikturen verfügbar ist. Laut einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt beschränken sich die meisten Studien auf „monozentrische und retrospektive Analysen von meistens kleinen und häufig inhomogenen Patientengruppen“[2]. Das bedeutet, dass die meisten Erkenntnisse aus Studien herangezogen wurden, die die Vorgeschichten von Patienten analysiert haben, die sich nicht untereinander vergleichen lassen. Im Gegensatz dazu ist die prospektive Studie von Anfang an geplant, angemeldet und kontrolliert. Sie richtet sich nach einem Studiendesign, wählt geeignete Teilnehmer nach festgesetzten Kriterien aus und stellt Hypothesen auf, die durch die gesammelten Daten bekräftigt oder widerlegt werden können. Nur auf diese Weise können evidenzbasierte Daten gesammelt werden.
Auf der Basis der vorhandenen retrospektiven Studien können also keine zuverlässigen Aussagen darüber gemacht werden, welches Verfahren sich am besten für welche Ausgangssituation eignet[3]. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Durchführung einer Studie stark von der Mitarbeit der Teilnehmer abhängig ist, denn innerhalb dieser Studie meldeten sich nach sechs Monaten nur noch 43 Prozent der Teilnehmer zurück[4]. Aus diesem Grund ist es unmöglich eine realistische Erfolgsquote zu benennen, da solche Aussagen derzeit nicht wissenschaftlich belegt werden können. Was für die Patienten jedoch ebenfalls entscheidend ist, damit sie eine differenzierte Entscheidung treffen können, ist die realistische Darstellung der Komplikationen im Mundbereich. Die Region im und um den Mund herum ist nicht nur sehr sensibel, sondern auch komplex aufgebaut. Grundsätzlich benötigt man eine spezielle chirurgische Ausbildung und Erfahrung, damit man in diesem Bereich operieren darf. Im Falle der Harnröhrenplastik mit Mundschleimhaut wird das für die Transplantation benötigte Gewebe in der Regel durch den Urologen entnommen, der nicht auf diese Art von Operation spezialisiert ist. Aus diesem Grund steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Komplikationen kommt in Abhängigkeit vom Operateur.
Generell ist von der Seite der Forschung erkannt worden, dass Komplikationen im Mundbereich nach Mundschleimhautplastiken ein nicht zu vernachlässigendes Problem darstellen[5], so dass diskutiert wird, dass es von großem Vorteil wäre, wenn man auf einen Eingriff im Mund verzichten könnte. Die häufigsten Komplikationen im Mund sind Schmerzen, Taubheitsgefühle und Narbenkontrakturen (Schrumpfung von Gewebe durch Vernarbung im Mund). Aufgrund der Vernarbung klagen einige Patienten über eine eingeschränkte Mundöffnung[6].
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dringend weitere Studien auf diesem Gebiet benötigt werden, um für jeden Patienten unabhängig die geeignete Therapieform festzustellen. Bisher ist Literatur auf diesem Gebiet rar und es gibt kaum evidenzbasierte Daten. Für die Patienten ist es daher fast unmöglich, sich objektive Informationen zu beschaffen. Aus diesem Grund müssen sie sich auf die Information verlassen, die sic von ihrem niedergelassenen Urologen oder dem Chirurg erhalten. Wir bemühen uns Sie auf unserer Webseite so umfangreich und objektiv wie möglich über die verschiedenen Therapieformen zu informieren.
Quellen:
[1] Kluth, Luis A, Roland Dahlem, Andreas Becker, et al. „Psychometric validation of a German language version of a PROM for urethral stricture surgery and preliminary testing of supplementary ED and UI constructs“ [In English]. World Journal of Urology (2015/06/07 2015): 1-7.
[2] Tritschler, S, A Roosen, C Füllhase, CG Stief, and H Rübben. „Urethral Strictures—Etiology, Investigation and Treatments.“ Deutsches Ärzteblatt 110, no. 13 (2013): 222.
[3] Tritschler, S, A Roosen, C Füllhase, CG Stief, and H Rübben. „Urethral Strictures—Etiology, Investigation and Treatments.“ Deutsches Ärzteblatt 110, no. 13 (2013): 222.
[4] Kluth, Luis A, Roland Dahlem, Andreas Becker, Marianne Schmid, Armin Soave, Clemens Rosenbaum, TimA Ludwig, et al. „Psychometric Validation of a German Language Version of a Prom for Urethral Stricture Surgery and Preliminary Testing of Supplementary Ed and Ui Constructs.“ [In English]. World Journal of Urology (2015/06/07 2015): 1.
[5] Tritschler, S, A Roosen, C Füllhase, CG Stief, and H Rübben. „Urethral Strictures—Etiology, Investigation and Treatments.“ Deutsches Ärzteblatt 110, no. 13 (2013): 224.
[6] Fasolis, Massimo, Emanuele Zavattero, Omidreza Sedigh, Paolo Gontero, Mirko Preto, Bruno Frea, and Guglielmo Ramieri. „Oral Mucosa Harvest for Urologic Reconstruction: Role of Maxillofacial Surgeon and Donor-Site Morbidity Evaluation.“ Journal of Craniofacial Surgery 25, no. 2 (2014): 605.