Urethrotomia interna (Harnröhrenschlitzung)
Bild Quelle: Harnröhrenschlitzung-Quelle urology-texbook.com
Vorteile (+):
- einfacher Eingriff
- bei erstmaligen Auftreten der Krankheit ist der Eingriff indiziert
Nachteile (-)
- Rediziv-Wahrscheinlichkeit bei 70% -100 %
- jeder Schnitt in die vernarbte Harnröhre führt zu einer neuen Narbe mit einer erneuten Verengung, wodurch gleichzeitig die Vernarbung größer und länger wird,
- die Schaffung einer Röhre/Öffnung für den Harnabfluss wird bei vernarbten Gewebe immer schwieriger
- das Krankheitsbild verschlechtert sich mit jedem weiteren Eingriff
- wiederholte Schlitzungen können zu irreparablen Schäden an der Harnröhre führen
Die Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie) im Detail!
Urethrotomia interna (Harnröhrenschlitzung)
Die Harnröhrenschlitzung kommt als Therapieform nur dann in Betracht, wenn die Verengung der Harnröhre erstmalig aufgetreten und weniger als zwei Zentimeter lang ist. Ist dies der Fall, lässt sich die Verengung spalten. Um die Harnröhrenschlitzung vorzunehmen, bekommt der Patient entweder eine Vollnarkose oder eine lokale Betäubung im Rückenmark. Unter Betäubung wird das Endoskop in die Harnröhre geleitet, um die Verengung mit einem Messer aufzuspalten. Im Anschluss an die Operation muss die Harnröhre mittels eines Katheters für einige Tage geschient bleiben.
Der Schnitt in die vernarbte Harnröhre führt zu einer neuen Wunde, die auch wieder vernarbt. Diese Narbe ist meistens größer las die aufgespaltene Narbe, sodass sich die Situation in der Regel verschlechtert. Die Harnröhrenschlitzung ist bei erstmaliger Anwendung bei weniger als 30% der behandelten Patienten erfolgreich. Nach der zweiten Schlitzung liegt die Rezidiv-Wahrscheinlichkeit bei 100%. Diese Therapieform führt bei Wiederholungen regelmäßig zu einer weiteren Vernarbung die Harnröhre, wodurch eine Heilung des Krankheitsbildes weiter erschwert wird, mit der Folge, dass eine Vielzahl von Patienten einen Dauerkatheter tragen müssen.
Was ist eine Urethrotomie?
Eine Urethrotomie ist ein minimal-invasiver therapeutischer Eingriff, der sehr häufig bei Harnröhrenstrikturen (Verengung der Harnröhre) durchgeführt wird. Umgangssprachlich wird dieser häufig auch als „Harnröhrenschlitzung“ bezeichnet. Die Harnröhrenenge entsteht infolge einer Vernarbung der Schleimhaut, welche die Harnröhre auskleidet und verursacht schwerwiegende Probleme beim Wasserlassen bis hin zum Harnverhalt.
Durchführung einer „Schlitzung“
Bei der sogenannten Schlitzung wird ein Instrument unter endoskopischer Sicht durch die Harnröhre bis zur Engstelle eingeführt. Anschließend wird diese durch einen gezielten Einschnitt in das Narbengewebe geweitet, so dass der Harn wieder ungehindert abfließen kann. Auf den ersten Blick scheint diese Prozedur viele Vorteile zu bieten: der Eingriff kann sehr einfach und sogar ambulant in einer urologischen Praxis durchgeführt werden, er dauert nicht lange, ist nicht besonders kostenintensiv und auch die Heilungsdauer ist vergleichsweise kurz. Der Patient verspürt sofort eine Linderung seiner Symptome und kann in der Regel zwischen Spinalanästhesie und Vollnarkose wählen. Aufgrund Krankenkassendaten kann angenommen werden, dass die Urethrotomie in Deutschland, mit ca. 45.000 Eingriffen pro Jahr, sehr häufig durchgeführt wird.
Der Heilungserfolg der Urethrotomie ist sehr gering
Das Ziel dieser Behandlung ist es, die bestehende Harnröhrenenge zu weiten, jedoch kann dies langfristig nur in den wenigsten Fällen erreicht werden. Das Problem besteht darin, dass der Schnitt in das Narbengewebe eine erneute, sogenannte sekundäre Wundheilung auslöst, was zu einer wiederholten Vernarbung führt. Darüber hinaus wird auch gesundes Gewebe vor und hinter der Striktur eingeschnitten, was die Engstelle schließlich noch verlängert[1]. Die günstigste Prognose haben kurze Strikturen mit einer Länge unter 1,5 cm, die zum ersten Mal geschlitzt werden. Berichten zufolge liegen die Rückfallraten zwischen 70 und 100 Prozent. Eine Studie aus dem Jahr 2010 berichtet von einer Erfolgsquote von lediglich 8 Prozent nach der ersten Schlitzung[2] und eine prospektiv randomisierte Studie aus dem Jahr 1997 stellt bereits fest, dass von einer Urethrotomie keine besseren Ergebnisse zu erwarten seien, als von einer Bougierung (Aufdehnung), bei der bereits nach vier bis sechs Wochen mit einem Rückfall zu rechnen ist[3].
Langfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes Harnröhrenstriktur
Das wiederholte Durchführen einer Harnröhrenschlitzung führt zu einer immer stärkeren Vernarbung der Harnröhre, was wiederum die Erfolgsaussichten einer späteren Mundschleimhautplastik mit jedem weiteren Eingriff signifikant verschlechtert.
Warum ist wird die Urethrotomie dennoch so häufig angewendet?
Darüber, ob die Urethrotomie sinnvoll ist, lässt sich in den meisten Fällen kaum noch streiten, aber warum findet sie dennoch so häufig Anwendung? Immerhin verschlechtert sich der Zustand auf lange Sicht sogar noch, anstatt eine Heilung herbeizuführen? Es bleibt anzunehmen, dass diese Behandlungsmethode früher aus Mangel an Alternativen durchgeführt wurde, um Betroffenen wenigstens etwas Linderung zu verschaffen. Obwohl die Wirksamkeit erwiesenermaßen nicht gegeben ist, werden die Kosten von der Krankenkasse erstattet und die meisten Krankenhäuser und größere Urologie-Praxen verfügen über die notwendige Ausstattung für solch einen Eingriff. Obwohl es mittlerweile Alternativen gibt, ist es scheinbar nur schwer, von solch einem langfristig schädigenden Verfahren abzulassen. Jeder Betroffene sollte sich daher vor jedem Eingriff im Detail über alle verfügbaren Behandlungsmethoden aufklären lassen und sich zur Not eine Zweitmeinung bei einem Spezialisten einholen.
[1] Tritschler, S, et al. „Urethral strictures—etiology, investigation and treatments.“ Deutsches Ärzteblatt 110, no. 13 (2013): 220-26.
[2] Santucci, Richard und Lauren Eisenberg. „Urethrotomy Has a Much Lower Success Rate Than Previously Reported.“ The Journal of Urology 183 (2010): 1859-62.
[3] Steenkamp, J. W., et al. „Internal Urethrotomy Versus Dilation as Treatment for Male Urethral Strictures: A Prospective, Randomized Comparison.“ The Journal of Urology 157, no. 1: 98-101.
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