Guten Morgen Herr Hofmann, ich möchte mich als erstes noch einmal bei Ihnen bedanken, dass Sie zugestimmt haben, uns ein paar Fragen zu beantworten. Ihre Erfahrungen sind für andere Betroffene von großem Interesse. Zuerst einmal möchte ich Sie fragen: wie lange ist Ihre letzte Operation her und wie geht es Ihnen jetzt?
Der letzte Eingriff ist knapp drei Jahre her und mir persönlich geht es gut.
Sie haben also keine Symptome mehr?
Nein, ich gehe regelmäßig zu Dr. Stürzebecher für die Nachuntersuchungen und habe überhaupt keine Probleme mehr.
Das ist schön zu hören – und ein sehr guter Einstieg. Würden Sie mir vielleicht erzählen, wie die ganze Geschichte angefangen hat – wann traten die ersten Symptome auf und wie haben Sie darauf reagiert?
Angefangen hat es eigentlich, als ich etwa 23 oder 24 Jahre alt war. Ich bin sehr oft und gern Rennrad gefahren und einmal hat es so stark geregnet, dass ich mit dem Fuß von der Pedale abgerutscht und auf die Stange gestürzt bin. Danach traten die Probleme beim Wasserlassen auf. Zuerst waren die Symptome nicht ganz so ausgeprägt, aber mit der Zeit hat sich das immer weiter verschlimmert. Bis es dann zum totalen Harnverhalt kam und ich das erste Mal mit der Diagnose Harnröhrenstriktur ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Beim ersten Mal haben die Ärzte versucht, das Problem mit einer Schlitzung zu lösen. Ich hatte zwar schon sehr viel über die Mundschleimhaut-Operation gelesen, aber vom Gefühl her wollte ich mich darauf noch nicht einlassen. Die Harnröhrenstriktur kam natürlich nach kurzer Zeit wieder, etwa nach einem Vierteljahr, und nach einem halben Jahr waren die Symptome wieder recht extrem.
Ja, dasselbe haben andere Patienten auch schon berichtet.
Ja genau. Bei mir war es so gravierend, dass kaum noch Urin durch die Harnröhre durchfließen konnte. Ich bin dann zu einem anderen Urologen gegangen, der mich ins Hedwig-Krankenhaus geschickt hat. Ich habe mir die ganze Zeit Gedanken gemacht, was ich tun soll, weil ich wußte, dass eine zweite Schlitzung nur wenig Aussicht auf Erfolg hatte. Die Ärztin hat mir dann die Mundschleimhaut-Operation nahegelegt, aber ich habe mich dennoch für eine Schlitzung entschieden.
Was sprach für Sie gegen die Mundschleimhaut-Plastik?
Naja, ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass die Therapiemöglichkeiten sehr beschränkt sind, vielleicht bis auf diese Mundschleimhaut-Operation. Ich habe mich aber wegen der Risiken direkt dagegen entschieden. Da stand zum Beispiel dass Nerven verletzt werden könnten. Natürlich sind da immer die schlimmsten Sachen aufgeführt, die nur in seltenen Fällen auftreten, aber ich dachte mir: solange ich das irgendwie so hinkriegen kann, warte ich ab, bis die Medizin weiterkommt.
Wie viel Zeit war von den ersten Symptomen bis dahin vergangen?
Bis zur ersten Schlitzung vergingen drei Jahre, dann noch einmal drei Jahre. Ich habe mich ewig gequält, habe viel gelesen und durch die Foren erfahren, dass es anderen Patienten ähnlich ergeht. Deshalb habe ich mir auch gedacht, dass ich das Ganze am besten ein wenig in die Länge ziehe, bis es vielleicht etwas gibt, was mir weiterhelfen kann, bis die Medizin sich weiterentwickelt hat. Und irgendwann habe ich dann im Internet etwas über MukoCell[1] gelesen.
Bezogen sich die Bedenken, die Sie hatten, auf die großflächige Mundschleimhautentnahme?
Ja, genau, das ist richtig. Und dann hatte ich, wie gesagt, vor etwa dreieinhalb Jahren von MukoCell erfahren. Ich habe mich gründlich darüber informiert und es hörte sich sehr vielversprechend an.
Die Operation musste ja letztendlich durchgeführt werden, um Ihre Beschwerden zu lindern, aber Sie wollten das Risiko von Nebenwirkungen so gut wie möglich reduzieren…
Genau, das ist ja doch ein ziemlich intensiver Heilungsprozess, der da stattfindet und das wollte ich mir als allerletzten Ausweg aufheben. Zuallererst war es für mich wichtig, mich bestmöglich zu informieren. Ich hatte viel auf der Internetseite des Herstellers von MukoCell gelesen und fand, dass es sich ganz sinnvoll anhörte. Es gab damals ja auch schon Erfahrungen mit MukoCell. Ich habe auch kritische Publikationen studiert, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich es ausprobieren sollte. Schließlich habe ich dort angerufen und hatte eine nette Schwester am Apparat. Ich habe sie gefragt: „Was würden Sie denn tun, wenn es Ihnen so ginge wie mir? Gibt es nicht einen Arzt, bei dem ich mal vorstellig werden kann, ich bezahle das auch selber!“ Sie antwortete mir: „Nein, Herr Dr. Stürzebecher hat sich jetzt selbstständig gemacht und er ist der ‘Harnröhren-Papst’“, so hatte sie sich ausgedrückt. Den Namen hatte ich auch schon gehört, als ich im Hedwig-Krankenhaus lag, aber mein Operateur war damals jemand anders.
Ich bin also zu Dr. Stürzebecher gegangen und hatte von Anfang an ein gutes Gefühl. Man spürt es ja, ob es menschlich passt und ob man Vertrauen hat oder nicht. Es ist ja leider in der heutigen Zeit auch so, dass man das haben muss.
Ja das ist gerade zwischen Arzt und Patient sehr wichtig.
Er hat mir das alles sehr gut erklärt und ich war sehr zufrieden. Ich dachte: das ist genau die Sache, die ich gerne für mich ausprobieren würde, vielleicht funktioniert es ja und ich werde diese Krankheit endlich los. Alles ging dann recht schnell: ich war bei ihm vorstellig, und wurde darüber informiert, dass noch geklärt werden muss, ob ich die Kosten für die Behandlung selbst übernehmen muss. Damals war das mit der Kostenübernahme noch in der Schwebe, aber das hat mich nicht abgehalten. Selbst wenn ich die Kosten hätte selbst tragen müssen, hätte ich es auf jeden Fall getan – es geht ja um meine Gesundheit.
Da haben Sie Recht, das ist ja das Wichtigste, was Sie haben. Und wenn die Therapie nicht hilft, dann bringt auch eine Kostenübernahme letztendlich nichts.
Ich finde es toll, dass Sie darüber informieren, was es für Therapiemöglichkeiten gibt. Die Anzüchtung von eigenem Gewebe fand ich von Anfang an interessant. Nachdem ich mich also für die Operation mit MukoCell entschieden hatte, wurde Gewebe aus meinem Mund entnommen und angezüchtet. Das hat einige Wochen gedauert und dann bin ich informiert worden, dass ich ins Hedwig-Krankenhaus kommen soll.
Wie haben Sie diesen ganzen Prozess erlebt?
Eigentlich ganz unproblematisch – aus der urologischen Sicht war alles top. Vor allem die Operation mit MukoCell ist richtig gut gelaufen. Ich muss sagen, ich finde es toll, was da entwickelt worden ist. Deshalb habe ich Dr. Stürzebecher auch mal gefragt, ob man da irgendwie helfen kann, die Sache zu unterstützen. Aber das war leider nicht so einfach möglich. Es gibt ja so viele Leidensgenossen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen an der Harnröhrenverengung leiden – da gibt es ja zig verschiedene Ursachen – und so eine Therapie würde sicher vielen helfen. Ich habe die Diskussionen in den Foren über Jahre verfolgt, da gibt es reichlich Leute, die sehr verzweifelt sind, ob sie nun in Bayern leben oder in Norddeutschland, es ist überall das gleiche.
Wie haben Sie denn den Heilungsprozess empfunden?
Ich muss sagen, dass geht alles sehr schnell. Erst kam die Heranzüchtung, dann die OP. Danach ist man relativ schnell draußen und hat die Sache nach weiteren drei bis vier Wochen ausgestanden.
Verlief die Heilung bei Ihnen denn auch so schnell?
Ja, ich würde sagen schon. Ich war auch sehr vorsichtig, früher bin ich immer Rad gefahren, das habe ich jetzt vorsichtshalber nicht mehr gemacht. Dafür hat Dr. Stürzebecher mir noch einen speziellen Sattel empfohlen ich werde mal ausprobieren, ob das nach den drei Jahren jetzt wieder geht, aber ich habe mich noch nicht getraut. Die Beschwerden sind aber alle weg. Und ich habe eigentlich ein ganz gutes Gefühl und hoffe, dass es so bleibt.
Das wünschen wir Ihnen natürlich auch! Wir freuen uns, dass Sie sich für ein Interview zur Verfügung gestellt haben. Es hilft uns sehr dabei, andere Betroffene zu informieren.
Ich muss noch dazu sagen, dass ich es ganz toll finde, was da geleistet wird, denn ich bezahle ja gerne 480 Euro Krankenversicherung im Monat, aber es wäre natürlich schön, wenn man damit auch an die verfügbaren Therapien rankäme. Wenn das Geld wenigstens genutzt werden würde, um diese Art Forschung und diese Therapien zu unterstützen, ich denke das wäre im Sinne vieler Patienten.
Das ist wahr, deshalb versuchen wir für die Patienten so viel Informationen zur Verfügung zu stellen, damit sich jeder seine Meinung auf der Basis von Fakten und Erfahrungswerten anderer Betroffener bilden kann.
Sie machen da eine tolle Arbeit, ganz wunderbar.
Vielen Dank, das werde ich an alle Beteiligten weitergeben. Herr Hofmann, alles Gute Ihnen und bleiben Sie gesund.